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Arbeitskreis gegen Antisemitismus
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Selbstverständnis des AK gegen Antisemitismus 5. Und letzter Teil

AK gegen Antisemitismus (in Gründung)
Von einer breiten emanzipatorischen Bewegung dieser Art ist bisher jedoch nichts zu erkennen. Das erdrückende Panorama ist aufgemacht, die Herausforderungen riesig. Kritik im Handgemenge statt Analyse im Elfenbeinturm scheint uns als bei der Berliner VVN-BdA organisierten Antifaschist*innen ein notwendiger und möglicher Weg sich der deprimierenden Gegenwart solidarisch entgegenzustellen.
Der Arbeitskreis gegen Antisemitismus versteht sich als Arbeits- und Aktionsgremium innerhalb der Berliner VVN-BdA, der sich mit allen Formen von Antisemitismus innerhalb und außerhalb der Organisation auseinandersetzt und diese in Theorie und Praxis kritisiert. Zu diesem Selbstverständnis gehört, dass Antifaschist*innen jeden Antisemitismus ebenso wie jeden Rassismus kritisieren und bekämpfen, ohne sie gegeneinander auszuspielen.

Berlin, 7. Oktober 2024
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Selbstverständnis des AK gegen Antisemitismus 4.Teil (Fortsetzung im nächsten Post)

Autoritarismus und Antisemitismusbekämpfung
Das unglückliche Bewusstsein der Rassismuskritik hat seinen ergänzenden Part in Formen von Antisemitismuskritik, die im Widerspruch zu ihren komplexen Problemanalysen zunehmend einfache Lösungen präferieren oder schlicht auf staatliche Repression setzen und so eine ohnehin gesamtgesellschaftlich vorhandene Tendenz zu staatsautoritärer Formierung vorantreiben. Eine Repression, die heute antizionistische und antisemitische Gruppierungen, Demonstrationen und Veranstaltungen trifft, kann morgen schon antisemitismuskritische, emanzipatorische und undogmatische Antifaschist*innen treffen. Allerdings rechtfertigt dieser Umstand auch nicht, Antirepressionskampagnen ohne inhaltliche Abgrenzungen zu antizionistisch und antisemitischen Gruppierungen anzuschieben.
Zugleich verbietet es sich, sich an die Seite von Antisemit*innen zu stellen oder ihre Handlungen als Reaktion auf autoritäre staatliche Gewalt zu verharmlosen. Vielmehr müsste es darum gehen, die Gleichzeitigkeit autoritärer Formierung in linken Zusammenhängen mit der in staatlichen Institutionen zu analysieren und eine dringend notwendige, emanzipatorische Praxis gegen beides auszuloten. 

Mit dem extremismusideologisch begründeten Entzug der Gemeinnützigkeit, der auf die Existenz der VVN-BdA zielte, hat die antifaschistische Organisation bekanntlich bereits eine ungute Erfahrung gemacht.
Antizionistischen Antisemitismus vorrangig mit Verboten von Veranstaltungen und Demonstrationen unter der Idee zu bekämpfen, dass die Sicherheit Israels deutsche Staatsraison sei, ignoriert den autoritären Charakter des Ausdrucks der Staatsraison mit dem - wie Theodor W. Adorno in seinem bekannten Aufsatz über eine „Erziehung nach Auschwitz" anmerkt - „das ganze Grauen potentiell schon gesetzt" ist. Die staatlich autoritäre Form der Antisemitismusbekämpfung mag ein kurzfristiges Sicherheitsgefühl oder ein Gefühl der Handlungsfähigkeit hervorbringen, trägt jedoch auf mittlere Sicht zur Einschränkung von Grundrechten aller bei.
Die Notwendigkeit einen offenen Brief an den Berliner Senat zu formulieren, in dem erläutert wird, warum das Symbol der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Anifaschistinnen (VVN-BdA) ein rotes Dreieck enthält und es geschichtsvergessen und ein erinnerungspolitischer Skandal wäre dies zu kriminalisieren, zeichnet bereits die Richtung vor. 

Für die von Antisemitismus betroffenen Jüdinnen*Juden können solche analytischen Erwägungen und Auseinandersetzungen um vermeintliche Details unbefriedigend bis zynisch wirken, ist doch öffentliches jüdisches Leben auch bereits vor dem 7. Oktober nur unter Polizeischutz möglich gewesen. Hier besteht so lange ein nicht aufzulösendes Spannungsfeld, bis eine breite Bewegung gegen alle Formen von Antisemitismus in Sicht ist, die gleichzeitig antirassistisch ist.
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Selbstverständnis des AK gegen Antisemitismus 3. Teil (Fortsetzung im nächsten Post)

Mit solchen Linken, wie mit all Jenen, die Israel das Existenzrecht aberkennen, kann es für eine emanzipatorische, antifaschistische Politik keine Gemeinsamkeit, kein solidarisches Verhältnis geben. Sie stehen - ob gewollt oder ungewollt - in einer unseligen Kontinuität des Antisemitismus in der stalinistischen Sowjetunion. Dieser fand 1952 in der sogenannten „Ärzteverschwörung“ einen Tiefpunkt und wurde von der Auflösung aller jüdischen Kultureinrichtungen und des Jüdischen Antifaschistischen Komitees sowie antisemitisch geprägten Vorwürfen gegen einen vermeintlichen „wurzellosen Kosmopolitismus" einerseits und der unterstellten Zusammenarbeit mit „dem Zionismus" andererseits begleitet.
Ebenso kann es keine Gemeinsamkeit mit Jenen geben, die Antisemitismuskritiker*innen unabhängig von deren Selbstpositionierung in denunziatorischer Absicht als Antideutsche, Zionist*innen, Faschist*innen etc. bezeichnen und sie oder ihre Orte mit dem von der Hamas angeeigneten, roten Dreieck einer Feindmarkierung unterziehen, was neben der darin enthaltenen Todesdrohung unter Umständen gewalttätige Angriffe nach sich zieht.
Der AK gegen Antisemitismus stellt sich hinter den Offenen Brief der Berliner VVN-BdA vom 9. Juli 2024 an den Berliner Senat.
Dort heißt es: 
„Das rote Dreieck war im KZ-System die Kennzeichnung der politischen Gefangenen aus Deutschland und aus den besetzten Ländern. Nach der Befreiung von der nationalsozialistischen Terrorherrschaft machten es die befreiten KZ-Häftlinge und Verfolgten zu ihrem Symbol und demonstrierten damit ihren Widerstand. Im Gegensatz dazu wird die Kennzeichnung von Angriffszielen mit roten Dreiecken durch die palästinensische Hamas, die aus Computerspielen übernommen worden sein soll, wieder zum Symbol der Mörder."
In einer Situation, in der sich Antifaschist*innen in solchen popkulturellen Andeutungen an den offenen oder codierten Vernichtungsdrohungen  gegenüber allen Jüdinnen*Juden beteiligen und sich somit in eine weltweite antisemitische Strategie einreihen, verlieren die gleichzeitigen Rufe nach Waffenstillstand und Frieden ihre Glaubwürdigkeit. Paul Spiegel brachte dies 2002 in seinem Satz "Hinter dem Ruf nach Frieden verschanzen sich die Mörder" treffend zum Ausdruck. 
Wer daher aus einem antimilitaristischen Selbstverständnis heraus Position bezieht, aber die Komplizenschaft von vermeintlichen Friedensaktivist*innen mit der Hamas, der PFLP oder anderen einschlägigen Milizen und deren Protagonist*innen in Berlin ignoriert, gemeinsam mit ihnen demonstriert, Petitionskampagnen bestreitet und Veranstaltungen organisiert, verlässt den Bereich emanzipatorischer Politik. Die Zusammenarbeit mit Antisemit*innen ist weder mit einer antirassistisch imaginierten Bewegungsdynamik noch mit dem x-ten V
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Selbstverständnis des AK gegen Antisemitismus 2.Teil (Fortsetzung im nächsten Post)

Antisemitismus und Rassismus
Antisemitismus lässt sich weder als beliebige Unterform von Rassismus verstehen, noch von diesem vollkommen abgekoppelt begreifen. Vielmehr ist Antisemitismus „eine Selbst- und Weltsicht, in der die Identität eines Ich und Wir in ein Weltverständnis integriert ist, in dem die angeblichen Übel ›unserer‹ Welt den ›Juden‹ zur Last gelegt werden“, wie Klaus Holz und Thomas Haury schreiben. Während im Rassismus die rassistisch Markierten als minderwertig bzw. kulturell rückständig bezeichnet werden, sind die antisemitisch Bezeichneten die vorgeblich Übermächtigen, die sich verschwören, um die Geschicke der Welt zu lenken. U.a. dieser weltanschauliche Charakter unterscheidet den Antisemitismus vom Rassismus.
Der Antisemitismus ist eine Folge halber und misslungener Aufklärung der auf dem Tausch- und Wertprinzip beruhenden Gesellschaft. Deshalb ist er weniger eine Revolte gegen die kapitalistische Moderne als deren Folge und Ersatz für eine selbstbestimmte Lebensweise, die in der heteronomen Gesellschaft keinen Platz findet. 
Aus den hier nur kurz und verkürzend dargelegten Unterschieden von Antisemitismus und Rassismus ergibt sich nicht notwendig eine Konkurrenzsituation bezüglich der notwendigen Kritik von beiden.
Regressiver Antirassismus
Klaus Holz und Thomas Haury nennen eine Rassismuskritik, die sich von der Antisemitismuskritik abschottet, mit Hegel ein entfremdetes unglückliches Bewusstsein: ein Bewusstsein, das unfähig ist zur dialektischen Vermittlung. Statt reale Widersprüche und gesellschaftliche Komplexität auszuhalten, drängt es zur Vereindeutigung, richtet sich in schlichten Freund/Feind-Schemata ein und vermag deshalb in der Antisemitismuskritik nur noch einen, die eigene Identität bedrohenden Widerpart auszumachen, gegen den es sich abzuschotten gilt, und der mit allen Mitteln denunziert wird. Ein solches unglückliches Bewusstsein schließt sich gegen den weitgehend antisemitischen Charakter der Bewegung Boycott, Divestment and Sanctions (BDS) ab, die in ihrem antizionistischen Furor noch die letzten Brücken zwischen der israelischen und der palästinensischen Seite abzubrechen sucht.
In diesem Bewusstsein stehen nicht Verhandlungen zur Errichtung eines palästinensischen Staates auf der Agenda, sondern diese Staatlichkeit kann nicht ohne die Zerstörung Israels als „From the River to the Sea" imaginiert werden. 

Der nationalen palästinensischen Sache ordnet das unglückliche Bewusstsein noch emanzipatorische Anliegen wie Feminismus oder Queerness unter. Sie werden zu Nebenwidersprüchen degradiert. Es ist zugleich bitter und lächerlich, wenn aus Kreisen, die sich in freiwilliger autoritätsgebundener Selbstverleugnung - sei es dem Klerikalfaschismus der Hamas im Auftrag des Iran, sei es dem kaum säkularen Terrorismus der PFLP samt Märtyrerkult – unterordnen, Israel des Pinkwashings beschuldigt wird.
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Selbstverständnis des Arbeitskreises gegen Antisemitismus Teil 1 (Fortsetzung im nächsten Post)

Selbstverständnis des AK gegen Antisemitismus 
Mit dem Logo des AK
Weshalb ein AK gegen Antisemitismus in einer antifaschistischen Organisation?
Auch wer ansonsten große Worte scheut, sollte verstehen, dass es sich bei dem Massaker vom 7. Oktober 2023 aus jüdischer Perspektive um eine Zäsur handelt. Der terroristische Überfall trug eine „genozidale Botschaft" (Dan Diner). Für viele Jüdinnen*Juden ist seit diesem Datum die Welt nicht mehr dieselbe. Ausgenommen hiervon sind allein gesellschaftlich irrelevante, aber laute, ideologisierte antizionistische Gruppierungen, die sich mit antisemitischen und israelhassenden Linken genauso gemein machen wie mit Personenkreisen aus dem verschwörungsideologischen Spektrum und dem Islamismus.
Eine von diesen Gruppierungen eingenommene Feigenblattfunktion hat maßgeblich zu einer aggressiv antizionistischen Protestbewegung in der Stadt beigetragen, die sich in einem nihilistischem Sarkasmus suhlt. Mithilfe von Symboliken, die sie von den Tätern des Massakers am 7. Oktober übernommenen haben, setzen die Aktivist*innen ihren Hass auf alles vermeintlich oder tatsächlich Jüdische popkulturell codiert in Szene. Für sich selbst rechtfertigen sie dies mit Begriffen wie Solidarität, die sie damit zugleich beschädigen, oder mit romantisierten Vorstellungen eines antizionistischen Befreiungskampfs, mit denen sie noch hinter jede antiimperialistische Theorie zurückfallen.
Diese Reaktionen auf den 7. Oktober zeigen, was jedem*jeder Antifaschist*in klar sein müsste: Ein linkes antifaschistisches Selbstverständnis immunisiert nicht zwangsläufig gegen Antisemitismus – so wenig wie es gegen Rassismus, Nationalismus, Trans-, Homo-, und Frauenfeindlichkeit feit. Schon gar nicht in einer Zeit, in der längst überwunden geglaubter Autoritarismus in linken Zusammenhängen ein starkes Revival erlebt. Der Arbeitskreis will einen Beitrag dazu leisten, ein antifaschistisches Selbstverständnis zu verteidigen, das unverbrüchlich mit gesellschaftlicher Emanzipation verknüpft ist.
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Kommt zur Kundgebung "Für das Leben, gegen den Tod" von @feminismunlimited.bsky.social#b0710

Plakat zur feminism unlimited Kundgebung " Für das Leben, gegen den Tod" mit dem Flyer des AK gegen Antisemitismus
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Arbeitskreis gegen Antisemitismus Flyer zum 07.10.24 Kritik im Handgemenge scheint uns als bei der Berliner VVN-BdA organisierten Antifaschist*innen ein notwendiger und möglicher Weg sich der deprimierenden Gegenwart solidarisch entgegenzustellen. #b0710

Logo des AK gegen Antisemitismus mit Berliner VVN-BdA Logo auf hellblauem Grund mit angedeuteten Davidsternen.
Flyer des AK zum 07.10.24
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